Das Projekt KarboEx2 setzt im Wesentlichen das Projekt KarboEx fort. Regional konzentriert es sich mehr auf das Rheinland und dort auf die geothermisch besonders interessanten Regionen in denen aber gleichzeitig ausreichend Explorationsmaterial (Seismik und Tiefbohrungen) aus der Zeit des Steinkohlen- oder Salzbergbaus vorliegen. Die Bearbeitung dieser Daten in Bezug auf Geothermie wird wissenschaftlich ausgeweitet.
Programm/Zuschussgeber | NRW, EU |
Akronym | KarboEx2 |
Titel | Karbonatexploration NRW – Erschließung einer Wärmequelle für den karbonfreien Wärmemarkt |
Zuwendungsnummer | NRW: IN-EN-1-002a, EFRE-20800286 |
Durchführungszeitraum | 01.06.2024-31.05.2027 |
Zuwendungsbetrag | 2.175.476 € |
Dr. Sebastian Thronberens
Geo-Energie & Ressourcen
Am TUEV 1
D-45307 Essen
Dr. Tobias Meier
Reuchlinstr. 10
10553 Berlin
Prof. Dr. Horst Rüter
Schürbankstrasse 20A
44287 Dortmund
Univ.-Prof. Dr. Ing. Axel Preuße
Wüllnerstr. 2
52062 Aachen
Prof. Florian Wellmann
Mathieustr. 30
52074 Aachen
Sascha Sandmann
De-Greiff-Straße 95
47803 Krefeld
Das vorgeschlagene Projekt geht bei der großflächigen Geothermie-Exploration wie das Vorgängerprojekt KarboEx neue Wege, indem es ausgewählt umfangreiche vorab vorhandene Daten (Bestandsdaten: 2D-Seismik, 3D-Seismik, Tiefbohrungen, Grubenaufschlüsse, Daten aus dem bergmännischen Risswerk und Analogaufschlüssen) integriert und aufgabenbezogen (geothermisch) nutzt. Das Projekt zielt nicht primär auf eine methodische Weiterentwicklung z.B. einer bestimmten Explorationsmethode, sondern schlägt vor, modernste, zwischenzeitlich meist durch die Kohlenwasserstoffindustrie erarbeitete Methoden der Datenbearbeitung, der seismischen Attributanalyse und der geologischen/markscheiderischen Interpretation von Seismikdaten auf Bestandsdaten mit der Zielrichtung einer innovativen Geothermieerkundung anzuwenden. Die Ergebnisse steuern und ergänzen so, mit relativ geringem Aufwand, aktuelle und geplante zusätzliche geothermische Explorationsanstrengungen in NRW. Das Innovationsziel ist die Erarbeitung und Anwendung einer integrierten Explorationsmethodik für die Geothermie. Diese beinhaltet verknüpfte stratigrafische, fazielle, diagenetische und tektonische Auswertungen der bisher nur weitgehend in den Übertageaufschlüssen bearbeiteten Karbonate des Karbons und des Devons, eingeschränkt auch der Kreide und Möglichkeiten der Bergbaunachnutzung. Fernziel der Innovation ist die deutliche Erleichterung der Entwicklung von Projekten der tiefen und mitteltiefen Geothermie für eine karbonfreie Wärmeversorgung in NRW durch die Aufarbeitung von vorab verfügbaren Informationen über die möglichen Nutzaquifere, insbesondre in den Karbonaten des Karbon und Devon, aber auch der Kreide. Mitbetrachtet wird auch die Nutzung des noch vorhandenen Grubengebäudes als Aquifer (Bergbaunachnutzung).
Im Projekt KarboEx werden Kenntnisse verschiedener Geowissenschaften sowie Wissen über die Exploration und Planung geothermischer Anlagen zusammengeführt. Aus diesem Grund bedarf es einer fundierten wissenschaftlichen Koordination. Diese schließt auch Elemente der Verwertung und des Transfers der Ergebnisse sowie der Übertragbarkeit auf Dritte insbesondere in der Geothermiebranche ein.
Dem Projekt liegen die Bestandsdaten des Steinkohlegebirges im Ruhrgebiet zu-grunde und zusätzlich Daten des Salzbergbaus. Die seismischen Daten wurden zu verschiedenen Zeiten mit verschiedenen Messmethoden gewonnen. Die Daten liegen auf nicht nachhaltigen Datenträgern. Im AP2 wird versucht möglichst viele dieser Daten zu lesen und dann in modernen Formaten nachhaltig zu speichern. Die Daten werden u.a. durch das Geologiedatengesetz allgemein zugänglich gemacht. Der Nutzung vorhandener Bestandsdaten geht in der Regel deren Suche, Zusammenstellung und Sichtung voraus. In den Archiven der RAG, der K+S, der RWE, weiterer Bergbaubetriebe und der geologischen Dienste wird zunächst geprüft, in welcher Form die hier genannten Daten gesichert und archiviert wurden und ob notwendige Dokumentationen von Dateninhalten vollständig sind. Brauchbare seismische Bestandsdaten werden in aktuelle SEG-Formate umgewandelt und auf moderne Speichermedien nachhaltig gesichert. Feldprotokolle, Mess-geometrieangaben und Berichte mit Anlagen werden digitalisiert.
In der seismischen Exploration ist das Processing ein zentraler Bestandteil und ein meist mehrere Monate dauernder Prozess. Es wandelt die bei der Akquisi-tion aufgezeichneten Bodenschwingungen in einen (im Falle der 3D-Seismik) dreidimensionalen Datenblock, der ein lagerichtiges Abbild der geologischen Struktur des Untergrundes ist. Die hier neu zu bearbeitenden Daten wurden mit der damals zur Verfügung stehenden Technik bearbeitet. Heute sind diese wesentlich weiterentwickelt, zum Teil ganz neu erfunden worden. Während die Messdaten ursprünglich für die Interpretation der geologischen Verhältnisse bis in eine Tiefe von maximal ca. 1.500m vorgesehen waren, soll die Neubearbeitung der Bestandsdaten Interpretationen auch für Tiefenbereiche unterhalb von 1.500m zulassen. Neben den reflexionsseismischen Daten sind auch Bohrlochinformationen der ehemaligen Steinkohleexplorationsbohrungen und Forschungsbohrungen von großer Wichtigkeit. Diese Daten liegen jedoch in den meisten Fällen noch nicht in modernen Datenformaten vor, sodass sie zunächst händisch digitalisiert werden müssen.
Klassisch beginnt die geologische Interpretation reflexionsseismischer Daten mit der Darstellung der Datenlage und Verbesserung der Daten durch die Anwendung seismischer Attribute. Mit dem einfügen von Bohrloch-Tops beginnt dann die Horizontkartierung, der weitere Interpretationsschritte folgen. Durch eine 3D Visualisierung aller Daten lassen sich die Strukturen (Stratigraphie, Tektonik) darstellen und integriert interpretieren. Bei der geothermischen Nutzung von Karbonaten hat sich die geologische Interpretation neben der Zielformation auch mit allen Hangendschichten der Zielformation zu beschäftigen. Die so erzeugten Interpretationsergebnisse können bei einer möglichen Folgenutzung der erzeugten Datenlage dazu beitragen potenzielle Bohrpfade zu definieren und so-mit die Bohrrisiken zu mindern. Ein Hauptanliegen des KarboEx2-Projektes soll sein, die geologischen Verhältnisse potenzieller Reservoirkörper flächendeckend auf der Grundlage seismischer 2- und 3D-Daten zu be-schreiben. Es werden die in KarboEx erzeugten Interpretationsergebnisse der Olfen-Region nach Westen erweitert und mit dem westlichen Ruhrgebiet verbunden. Da die Daten mit kürzeren Wellenlaufzeiten meist eine höhere Qualität haben können dies zusätzlich zur Nachnutzung der Bergbauinfrastruktur oder zur Erkundung von Karbonaten der Kreide (Cenoman, Turon) genutzt werden.
Die Planung einer Tiefbohrung setzt genaue Kenntnisse des lokalen Spannungsfeldes voraus. Aus den vorhandenen Bohrungen lässt sich das Spannungsfeld abschätzen. Klüfte können rezent als wasserwegsam sein oder können hydraulisch reaktivierbar sein, was wiederum vom Spannungsfeld abhängt. In Kenntnis der Belastung der Störungen in relevanten Lagerstättentiefen durch das Spannungsfeld lässt sich ebenso das Risiko der (seismogenen) Reaktivierung von Störungen abschätzen.
Die Potenzialabschätzungen einer Geothermielagerstätte beginnen mit der Abschätzung des aktuellen Wärmeinhalts (heat in place). Hierzu müssen neben dem Volumen des Reservoirs auch deren Temperatur und die Wärmekapazität des Gesteins bekannt sein. Es wird dann oft angenommen, dass nur ein Teil die-ses Wärmeinhalts gewonnen werden kann (recovery factor). Für eine nachhaltige Nutzung ist es oft sinnvoller, eine ‚Bewirtschaftung‘ des Reservoirs anzunehmen. In Deutschland wird hierzu meist eine Vielzahl von geothermischen gepumpten Dubletten angenommen. Die in diesem Projekt zu erzielenden Ergebnisse sind für die Planung und Erstellung einer Geothermieanlage noch nicht ausreichend sondern nur ein wesentlicher Beitrag. Gewissheit über die korrekte Zuordnung der seismischen Horizonte zu geologischen Formationen wird man erst erzielen können, wenn in einem Explorationsgebiet mindestens eine echte Tiefbohrung (bis ca. 3,5 km Tiefe) für eine Kalibrierung oder für die Verifizierung der seismischen Ergebnisse abgeteuft ist.